Was hoher Fleischkonsum mit niedrigem sozialen Status zu tun hat

In Haushalten mit geringem Einkommen wird statistisch mehr rohes und verarbeitetes Fleisch konsumiert als bei Besserverdienenden. Forschungsergebnisse aus Australien legen nahe, dass es eine Verbindung zwischen der Wahrnehmung des eigenen sozio-ökonomischen Status und dem Fleischkonsum gibt. Offenbar führt der Konsum von Fleisch dazu, dass man sich stark und überlegen fühlt. Das Verständnis der psychologischen Hintergründe könnte helfen, den Fleischkonsum der Gesellschaft zu beeinflussen.

Der Verzehr von Fleisch ist ein Symbol von Macht und Status. Die, die ihren sozio-ökonomischen Status gering einstufen, bevorzugen es, Fleisch zu konsumieren und essen aufgrund dieser Selbstwahrnehmung sogar mehr davon. Dies belegen nun aktuelle Forschungsergebnisse von Wissenschaftlern der Monash University und der University of Technology Sydney (UTS).

Die Studie, die diese Woche im Journal Appetite veröffentlicht wurde, hat bestätigt, dass Teilnehmer, die sich selbst eher einen geringen sozio-ökonomischen Status zuschreiben, fleischlastige Ernährung bevorzugen. Die Marketingpsychologen Dr Eugene Chan von der Monash Business School und Dr Natalina Zlatevska von der Business School der UTS haben die Studie durchgeführt, um die psychologischen Hintergründe des Fleischkonsums und die Art und Weise, wie eben diese beeinflusst werden können, besser zu verstehen.

„Es gibt eine symbolische Verbindung zwischen dem Fleischkonsum und Gefühlen von Stärke, Macht und Männlichkeit. Traditionell ist Fleisch ein Nahrungsmittel, dem ein hoher Status zugeschrieben wird. Man serviert es seinen Gästen oder als Herzstück eines festlichen Anlasses. Deshalb wollten wir diese Verbindung zum Status besser verstehen,“ so Dr Zlatevska.

Mithilfe einer Reihe von Experimenten waren die Wissenschaftler in der Lage zu zeigen, dass es eher der Wunsch nach Status, anstatt anderer Variablen wie Hunger oder möglicher ernährungsbedingter Vorteile war, der die Fleischpräferenz bedingte.

Eines der Experimente beinhaltete den „Beast Burger“, der entweder als fleischbasiert oder vegetarisch beschrieben wurde, jedoch mit demselben Ernährungsprofil und derselben Verpackung angeboten wurde. Es gab eine höhere Nachfrage nach dem Fleischprodukt bei den Teilnehmern, die sich geringer im sozio-ökonomischen Status einstuften.

Die Haltung zum Fleischkonsum und Wege, den Konsum zu verändern, ist für Konsumpsychologen, die Fleischindustrie und für Befürworter von geringerem Fleischkonsum aufgrund von Gesundheits-, Umwelt- oder Tierschutzgründen relevant.

Ärzte und Ernährungsberater raten generell dazu, weniger rotes Fleisch zu sich zu nehmen und insbesondere auf verarbeitetes Fleisch wie Salami oder Wurst zu verzichten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat eine starke Verbindung zwischen dem Verzehr von verarbeitetem Fleisch und Krebs gefunden.

Studien aus dem Vereinigten Königreich und Frankreich haben gezeigt, dass Arbeiterfamilien und Haushalte mit geringem Einkommen mehr rohes und verarbeitetes Fleisch konsumieren als Besserverdiener. Somit werden die neuen Erkenntnisse der australischen Wissenschaftler bestätigt.

Laut der OECD konsumieren Australier durchschnittlich 92,5kg Fleisch pro Person im Jahr. Damit liegen sie signifikant über dem weltweiten Durchschnitt. Als vegetarisch bezeichnen sich momentan etwa 11% der Australier, doch die Tendenz ist steigend.

Die Wissenschaftler mutmaßen, dass man die potenziellen Konsumenten dazu bewegen kann, sich einem höheren oder niedrigeren sozio-ökonomischen Status angehörig zu fühlen, beispielsweise durch Sozialvergleich oder Marketing-Nachrichten, und somit das Ausmaß des Fleischkonsums beeinflussen zu können.

Wenig essen ist gesund dank Darmbakterien

Eine kalorienarme Ernährung verlängert das Leben von Mäusen und sie werden auch gesünder und schlanker. Ein vom SNF unterstütztes Forschungsteam hat nun eine Erklärung für diese Tatsache gefunden: Ausschlaggebend ist die Darmflora und ihre Auswirkung auf das Immunsystem. Die Forschenden fanden auch Wirkstoffe, die den Effekt einer kalorienarmen Ernährung simulieren und neue Möglichkeiten zur Behandlung von Übergewicht eröffnen.

Dass eine Reduktion der Kalorienaufnahme um bis zu 40 Prozent positive Auswirkungen auf die Tiergesundheit hat, ist seit Langem bekannt: Die Tiere leben länger, ihr Blutzuckerspiegel fällt schneller und sie verbrennen mehr Körperfett. Laut einem kürzlich im Forschungsmagazin „Cell Metabolism“ veröffentlichen Artikel sind es die Darmbakterien, die für viele dieser körperlichen Veränderungen verantwortlich sind (*).

Mikroorganismen aus dem Blinddarm

Das internationale Team unter der Leitung von Mirko Trajkovski, SNF-Professor an der Universität Genf, setzte Mäuse während 30 Tagen auf eine kalorienarme Diät und stellte fest, dass diese an beigem Fett zulegten, einer Art von Fettgewebe, das Körperfett verbrennt und zur Gewichtsabnahme beiträgt.

Mäuse, die ohne Darmflora lebten, weil sie unter sterilen Bedingungen aufwuchsen und normal frassen, entwickelten ebenfalls mehr beiges Fett und wurden schlanker, nachdem sie Mikroorganismen aus dem Blinddarm von Mäusen mit kalorienarmer Diät erhielten. Das modifizierte Mikrobiom brachte diesen Mäusen somit einen gesundheitlichen Nutzen.

Bei einer Analyse der mikrobiellen Lebensgemeinschaften stellten Trajkovski und sein Team fest, dass die Darmbakterien von Mäusen mit kalorienreduzierter Diät weniger toxische Lipopolysaccharide (LPS) produzierten. Wenn die LPS-Konzentration im Blut wieder auf normale Werte anstieg, ging ein Grossteil der gesundheitlich positiven Effekte verloren.

Neue Wirkstoffe könnten bei Übergewicht helfen

Die bakteriellen LPS-Moleküle lösen eine Immunreaktion aus, indem sie den spezifischen Signalrezeptor TLR4 (Toll-like Receptor 4) aktivieren. Bei Experimenten mit Mäusen, die gentechnisch veränderte Immunzellen ohne diesen Rezeptor erhielten, konnten die Forschenden die Auswirkungen der Kalorienbeschränkung simulieren. „Das Immunsystem bekämpft eindeutig nicht nur Infektionen, sondern spielt auch eine Schlüsselrolle bei der Stoffwechselregulierung“, erklärt Trajkovski. Die Mäuse haben nicht nur mehr beiges Fett und weniger Gewicht, sondern sie reagieren auch besser auf Insulin, ihre Leber verarbeitet Zucker und Fett auf eine gesündere Weise und die Mäuse ertragen kältere Temperaturen besser. „Diese Ergebnisse eröffnen ein ganz neues Forschungsgebiet“, meint Trajkovski.

In einem weiteren Schritt testeten die Forschenden zwei Moleküle: Eines reduziert die Produktion von toxischen LPS durch die Bakterien, die andere blockiert den TLR4-Rezeptor, der das LPS-Signal aufspürt. Beide Wirkstoffe bewirkten gesundheitliche Effekte wie sie auch bei einer kalorienarmen Ernährung zu beobachten sind. „Eines Tages könnte es möglich sein, fettleibige Personen mit einem Medikament zu behandeln, das eine Kalorienbeschränkung simuliert“, meint Trajkovski. „Wir untersuchen derzeit die spezifischen Veränderungen in bakteriellen Lebensgemeinschaften und testen auch andere Verbindungen, welche die LPS-Produktion und die Signalübertragung hemmen.“

Die Studie wurde unterstützt vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF), vom Europäische Forschungsrat (ERC), von der Clayton Foundation und von der Louis-Jeantet Foundation. Durchgeführt wurde die Studie von Forschenden der Universität Genf, der AstraZeneca (IMED Biotech Unit in Göteborg, Schweden) und des Inselspitals Bern.

Studie: Zucker im Orangensaft – Saft senkt Gicht-Risiko

Humanstudien der Universitäten Hohenheim und Kiel zeigen, dass ein Glas Saft zum Essen keine Gewichtszunahme bewirkt. Zudem senkt der Saft signifikant den Harnsäure-Spiegel.

Mehr Gicht und Übergewicht – seit einigen Jahren stehen zuckerhaltige Getränke als Mitverursacher dieser Probleme in den Industrienationen am Pranger. Betroffen sind nicht nur gezuckerte Limonaden, sondern auch Fruchtsäfte. Das ist nicht gerechtfertigt, haben nun Wissenschaftler der Universitäten Kiel und Hohenheim in Stuttgart in zwei Humanstudien herausgefunden. Der regelmäßige Genuss von Orangensaft könne den Harnsäure-Spiegel sogar senken und somit Gicht entgegenwirken. Zu den Mahlzeiten genossen, konnten die Forscherinnen und Forscher auch keine Gewichtszunahme durch Fruchtsaft beobachten. Sie empfehlen daher ein Glas Fruchtsaft pro Tag, da dieser von Natur aus nicht nur Zucker, sondern auch Vitamine, Polyphenole, Mineral- und Ballaststoffe enthalte und somit eine wertvolle Ergänzung der Ernährung darstelle.

Es war ein Wandel vom Paulus zum Saulus: Noch vor wenigen Jahren galten Fruchtsäfte als gesund, heute sind sie aus manchen Kindergärten und Grundschulen verbannt. Der Grund: ihr hoher Gesamtzuckergehalt, der durchaus mit dem vieler Limonaden Schritt halten kann. Bei einigen Ernährungswissenschaftlern gelten sie daher als ebenso ungesund wie Cola-Getränke.

Das wollten Professor Reinhold Carle von der Universität Hohenheim und Professorin Anja Bosy-Westphal von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel überprüfen. Die Ernährungswissenschaftler führten dazu zwei Humanstudien durch, bei der 26 junge, gesunde Probandinnen und Probandenen 20 Prozent ihres täglichen Energiebedarfs über zwei Wochen entweder mit koffeinfreier Cola oder mit Orangensaft deckten.

„Bei dem Saft waren das bei den meisten Probanden rund 1,2 Liter, bei Cola etwa ein Liter täglich“, erklärt Carle. Im Sinne einer sogenannten Cross-over-Studie gab es für die Teilnehmenden nach den ersten 14 Tagen eine Auswaschungsphase von einer Woche, dann stiegen die Orangensaft-Trinker auf Cola um und umgekehrt.

Gegen Gicht: Orangensaft senkt Harnsäurespiegel

In der ersten Studie stand die Frage im Mittelpunkt, wie Cola bzw. Orangensaft die Harnsäure beeinflusst, die für das zunehmende Auftreten von Gichterkrankungen in den Industrienationen verantwortlich gemacht wird. Das Ergebnis: „Auch bei diesem sehr hohen Konsum führte Orangensaft im Unterschied zu Cola zu keiner Beeinträchtigung des Glukosestoffwechsels, und der Harnsäurespiegel wurde sogar signifikant gesenkt,“ erläutert die Ernährungsmedizinerin Bosy-Westphal.

Die Reduktion des Harnsäurespiegels war bei höheren Ausgangsspiegeln am deutlichsten. „Für den Harnsäure-senkenden Effekt des Orangensaftes kommt sowohl die Vitamin C-Aufnahme durch den Saft als auch dessen Gehalt an Flavonoiden, insbesondere Hesperidin, in Betracht“, so die Expertin.

Denn Vitamin C fördere die Ausscheidung von Harnsäure, weshalb der regelmäßige Verzehr von Orangensaft zur Prävention erhöhter Harnsäurespiegel (Hyperurikämie) beitragen könne. Dieser Effekt sei auch bereits für Hesperidin im Tierversuch gezeigt worden. „Und wenn die Auskristallisation der Harnsäure in Gelenken und Geweben gehemmt ist, kann das wiederum der Entstehung von Gicht vorbeugen“, schlussfolgert Bosy-Westphal.

Körperfett: Keine Zunahme durch Saft zu den Mahlzeiten

Bei der zweiten Studie deckten die Probanden ebenfalls 20 Prozent ihres täglichen Energiebedarfs über Orangensaft – doch diesmal konsumierten sie zunächst zwei Wochen lang dreimal täglich 400 ml Orangensaft zu den drei Mahlzeiten, das andere Mal nahmen sie den Saft zwischen den Mahlzeiten zu sich.

„Wir konnten zeigen, dass auch dieser sehr hohe Konsum keine negativen Auswirkungen auf das Körpergewicht hatte – wenn der Saft nicht zwischendurch, sondern zum Frühstück, Mittag- und Abendessen getrunken wurde“, berichtet Bosy-Westphal. „Zum Essen getrunken verringert der Saft die spontane Energieaufnahme mit der Mahlzeit entsprechend und passt sie an.“ Bei einem Konsum zwischen den Mahlzeiten konnten die Wissenschaftler dagegen einen leichten Anstieg des Körperfetts verzeichnen.

Forscher empfehlen ein Glas Saft pro Tag

Literweise Fruchtsäfte gegen den Durst würden daher auch Carle und Bosy-Westphal nicht empfehlen, doch das sei ohnehin keine gängige Praxis: „Der jährliche Pro-Kopf-Konsum an Orangensaft liegt in Deutschland bei rund 7,5 Litern“, erklärt Carle. „Dagegen werden etwa 75 Liter Limonaden getrunken. Im Unterschied zu zuckergesüßten Erfrischungsgetränken, die Jugendliche und insbesondere junge Männer täglich in Mengen bis zu einem halben Liter zu sich nehmen, dienen Fruchtsäfte im Wesentlichen nicht als Durstlöscher zwischendurch.“

Fruchtsaft, so die Schlussfolgerung aus den Studienergebnissen, könne daher in der üblichen Verzehrmenge nicht nur bedenkenlos konsumiert, sondern als wertvolle Ergänzung zu einer Mahlzeit betrachtet werden. „Orangensaft ist eine wertvolle Quelle für Kalium, Folsäure und Vitamin C. Er enthält bioaktive Stoffe wie Carotinoide und Polyphenole mit guter Bioverfügbarkeit“, betont Carle. „Ein Glas Fruchtsaft zum Beispiel zum Frühstück kann eine der von der DGE empfohlenen fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag ersetzen.“

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, täglich 250 g Obst zu verzehren – eine Menge, die rund 43 Prozent der Deutschen unterschreiten. Nähme man den Fruchtsaftverzehr von den DGE-Empfehlungen aus, lägen sogar 59 Prozent unter den empfohlenen Werten. „Das wäre nicht sinnvoll“, meint Carle. „Denn schon 2015 konnte eine Studie der Universität Hohenheim zeigen, dass der menschliche Körper die wertvollen Inhaltsstoffe der Orange viel besser aus dem Orangensaft aufnimmt als aus der Frucht.“

Essen: Belohnung fürs Gehirn

Fett- und kohlenhydratreiches Essen aktiviert Hirnareale besonders stark

Pommes, Sahnetorte, Chips und Schokoriegel machen dick und sind ungesund. Aber dennoch können wir die Finger davon nicht lassen. Wissenschaftler des Max-Planck-Institutes für Stoffwechselforschung in Köln haben nun eine Erklärung dafür geliefert: Nahrungsmittel, die sowohl reich an Fetten als auch Kohlenhydraten sind, haben einen besonders starken Einfluss auf das Belohnungssystem in unserem Gehirn.

Sowohl fettiges als auch kohlenhydratreiches Essen aktiviert jeweils das Belohnungssystem im Gehirn, wenn auch über unterschiedliche Signalwege. Kommen Kohlenhydrate und Fette im Essen zusammen, wird dieser Effekt noch verstärkt. In der Natur gibt es keine Nahrungsmittel, die einen hohen Anteil von Fetten und Kohlenhydraten in sich vereinen: Entweder sind sie wie bei Nüssen reich an Fetten, oder wie bei Kartoffeln oder Getreide reich an Kohlenhydraten.

Eine Ausnahme ist Muttermilch. „Alle Säugetiere kennen Muttermilch“ sagt Forschungsgruppenleiter Marc Tittgemeyer vom Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung, der die Studie in Kooperation mit Forschern der Yale Universität in Connecticut durchgeführt hat. „Wahrscheinlich werden wir durch Muttermilch darauf geprägt, besonders intensiv auf Nahrung reich an Kohlenhydraten und Fetten zu reagieren und dieses als besonders belohnend wahrzunehmen, weil dies überlebenswichtig ist.“

Spiel um Essen

Die Wissenschaftler wollten wissen, ob Menschen aus unterschiedlichen Kalorienquellen bestehende Nahrung mehr oder weniger stark bevorzugen. Um diese Frage zu beantworten, spielten 40 Freiwillige gegen einen Computer um Essen. Angeboten wurden fett- oder kohlenhydratreiche Nahrungsmittel sowie Essen, dass fettig und kohlenhydratreich zugleich ist. Um ein Lebensmittel zu erspielen, mussten die Probanden den Computer überbieten. Hierbei wurde die Bereitschaft zum Bezahlen untersucht. Für das fett- und kohlenhydratreiche Essen wurde das meiste Geld geboten. Für die Studienteilnehmer war es also offenbar am attraktivsten.

Während des Spielens zeichneten die Forscher die Gehirnaktivität der Probanden in einem Magnetresonanztomografen auf. Die Messungen ergaben, dass eine Kombination aus Fetten und Kohlenhydraten die Gehirnareale des Belohnungssystems intensiver aktiviert als die anderen angebotenen Lebensmittel. Dieser Befund stimmt mit den Ergebnissen des Spiels überein.

Belohnung ist stärker als Sättigungsgefühl

Ein Belohnungsreiz, der in der Evolution zum Überleben der Menschheit beigetragen hat, wird uns in der heutigen Welt des Überflusses zum Verhängnis. „Wir sind nicht dazu gemacht, ständig nein zu sagen. Deshalb hören wir meistens nicht auf zu essen, obwohl wir satt sind“, betont Tittgemeyer. Offenbar überlagern die Belohnungssignale das Sättigungsgefühl – Übersättigung und Übergewicht sind die Konsequenzen.

Hinzu kommt, dass wir ausgerechnet die Nährwerte fett- und kohlenhydratreiches Essens kaum einschätzen können: Baten die Forscher die Teilnehmer der Studie, den Kaloriengehalt der dargebotenen Lebensmittel zu schätzen, gelang ihnen das bei den fett- oder kohlenhydratreichen Essen relativ genau. Bei fett- und kohlenhydratreichem Essen lagen sie dagegen oft daneben. Dabei liefert Essen, das gleichzeitig reich an Fetten und Kohlenhydraten ist, nicht automatisch mehr Kalorien.

Die Erkenntnisse könnten für die Behandlung von Menschen mit Übergewicht eine wichtige Rolle spielen. Vor allem wenn aus Essen ein Suchtfaktor wird, ist die Behandlung des Konsumverhaltens von großer Bedeutung und ein grundlegender Schritt aus der Sucht. Autor: Dr. Annegret Burkert – Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns

Fußball Weltmeisterschaft: Massiver Anstieg von Diabetes und Übergewicht

Deutschland muss raus aus der Sitz-Falle! Diesen dramatischen Appell richtet die gemeinnützige Organisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe zum Start der Fußball-Weltmeisterschaft an Politik und Gesellschaft.

Welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, erläutert unter anderem Kult-Fußballtrainer Christoph Daum morgen auf einer Pressekonferenz in Berlin. Dort üben Experten zugleich scharfe Kritik am Deutschen Fußballbund (DFB), der an seinen Premium-Werbepartnern Coca-Cola und McDonalds festhält. „Eine Vorbildfunktion sieht anders aus“, beklagt Dr. med. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.

Parkinson: Vitamin B3 hat positive Wirkung auf geschädigte Nervenzellen

Eine Form des Vitamins kurbelt den Energiestoffwechsel in Nervenzellen an und schützt sie vor dem Absterben, berichten Tübinger Forscher. Der Wirkstoff könnte einen möglichen Therapieansatz darstellen.

Zittrige Hände, steife Muskeln und verlangsamte Bewegungen – das sind die typischen Symptome der Parkinsonerkrankung. Rund 220.000 Personen sind in Deutschland von der Krankheit betroffen, die zunehmend mit steigendem Alter auftritt. Sie beruht auf dem Verlust von Nervenzellen im Gehirn und ist bislang nicht heilbar. Ein Forschungsteam um Dr. Dr. Michela Deleidi am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und der Universität Tübingen berichtet nun, dass der Wirkstoff Nicotinamid-Ribosid einen möglichen Therapieansatz darstellen könnte. Es handelt sich dabei um eine Form des Vitamins B3. Erste Ergebnisse im Labor waren vielversprechend: „Das Mittel kurbelt den defekten Energiestoffwechsel in betroffenen Nervenzellen wieder an und schützt sie vor dem Absterben“, erklärt Deleidi. Die Wissenschaftler veröffentlichten die Studie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Cell Reports.

Beschädigte Kraftwerke führen zum Zelltod

Wie Parkinson entsteht, ist noch nicht genau geklärt. Klar ist, dass zunehmend dopaminhaltige Nervenzellen in der Region der schwarzen Substanz (Substantia nigra) im Gehirn absterben. In jüngster Zeit festigt sich die Erkenntnis, dass in den betroffenen Nervenzellen die Mitochondrien beschädigt sind. Mitochondrien funktionieren wie kleine Kraftwerke in den Zellen und sind für die Produktion von Energie verantwortlich. Sind sie defekt, kann das zum Tod der Zelle führen. „In unserer Studie wollten wir untersuchen, ob die beschädigten Mitochondrien nur eine Begleiterscheinung oder Auslöser der Parkinsonerkrankung sind“, sagt Studienleiterin Deleidi.

Um das herauszufinden, entnahmen die Forscher in einer internationalen Zusammenarbeit Zellen aus der Haut von Parkinsonpatienten. Diese stimulierten sie so, dass zunächst Stammzellen aus ihnen entstanden, die sich dann zu Nervenzellen weiterentwickelten. Die Zellen hatten einen Defekt im sogenannten GBA-Gen, dem häufigsten Risikogen für Parkinson. Wie bei „echten“ Nervenzellen waren die Funktion ihrer Mitochondrien und ihre Energieproduktion beeinträchtigt.

Frischekur für Zellkraftwerke

Die Wissenschaftler versuchten nun, die Bildung von neuen Mitochondrien anzuregen. Dabei spielt das Coenzym NAD eine wichtige Rolle. Die Wissenschaftler fütterten die Zellen mit Nicotinamid-Ribosid, einer Form des Vitamins B3 und Vorstufe des Coenzyms. Dadurch stieg die Konzentration von NAD in den Zellen an. Das Ergebnis: „Der Energiehaushalt in den Nervenzellen verbesserte sich stark. Es bildeten sich neue Mitochondrien und die Energieproduktion erhöhte sich.“

Um die Wirkung des Vitamins in einem lebenden Organismus zu be-obachten, untersuchten die Forscher im nächsten Schritt Fliegen mit einem GBA-Gendefekt. Wie bei Parkinsonpatienten sterben bei ihnen dopaminreiche Nervenzellen ab und sie haben mit steigendem Alter zunehmend Probleme beim Laufen und Klettern. Deleidi und ihre Kollegen teilten die Fliegen in zwei Gruppen. Bei einer reicherten sie das Futter mit dem Vitamin an, bei der anderen nicht. „Der Wirkstoff erzielte auch hier eine positive Wirkung: Bei den behandelten Fliegen starben viel weniger Nervenzellen ab als bei den unbehandelten.“ Darüber hinaus blieb bei ihnen das Bewegungsvermögen länger erhalten.

Möglicher Therapieansatz

„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Verlust von Mitochondrien tatsächlich eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Parkinson spielt“, fasst Deleidi zusammen. „Die Gabe von Nicotinamid-Ribosid könnte ein neuer Therapieansatz sein.“ Ob das Vitamin tatsächlich bei Parkinson helfen kann, müssen weitere Studien zeigen. In Zukunft planen die Forscher, den Wirkstoff an Patienten zu untersuchen. „Andere Studien haben gezeigt, dass er von gesunden Versuchspersonen gut vertragen wird und auch bei ihnen den Energiestoffwechsel ankurbelt“, so Deleidi.

Originalpublikation
Schöndorf DC et al. (2018): “The NAD+ precursor, nicotinamide riboside, rescues mitochondrial defects and neuronal loss in iPSC and fly models of Parkinson’s disease“, Cell Reports, 23(10)
doi: 10.1016/j.celrep.2018.05.009

Mit ausgewogener Ernährung und körperlicher Aktivität Krebs vorbeugen

Mehr als ein Drittel aller Tumorerkrankungen ist nach Schätzungen der WHO auf Lebensstilfaktoren zurückzuführen: Übergewicht und Bewegungsmangel erhöhen das Risiko für viele Krebserkrankungen. Dagegen beugen eine gesunde, ausgewogene Ernährung und körperliche Aktivität Tumorerkrankungen vor und wirken positiv auf Therapie, Überleben und Lebensqualität von Krebspatienten. Wie sich Ernährung und Krebs gegenseitig beeinflussen, erläutern Experten auf der Pressekonferenz im Rahmen des Ernährungskongresses 2018, die am 21. Juni 2018 in Kassel stattfindet.

Studien haben gezeigt, dass ein zu hohes Gewicht und geringe körperliche Aktivität Risikofaktoren für viele Krebserkrankungen sind. Bestimmte Tumorarten wie beispielsweise Brustkrebs nach den Wechseljahren, Eierstock- oder Gebärmutterhalskrebs aber auch Dickdarm- und Prostatakrebs treten bei übergewichtigen Menschen verstärkt auf. „Zu viel Essen, zu wenig Bewegung und daraus resultierendes Übergewicht haben einen größeren Einfluss auf die Entstehung und das Voranschreiten von Tumorerkrankungen als Nikotinkonsum“, erklärt Professor Dr. med. Hartmut Bertz, Oberarzt der Klinik für Innere Medizin I (Hämatologie/Onkologie/Stammzelltransplantation) am Universitätsklinikum Freiburg und Sektionsleiter Ernährungsmedizin und Diätetik. „Gewichtszunahme könnte Rauchen als Hauptrisikofaktor für Krebs bald ablösen“, gibt Bertz zu bedenken. So ist die Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken für stark übergewichtige Frauen – mit einem Body-Mass-Index (BMI) von über 35 – um ungefähr 90 Prozent erhöht.

 Übergewicht steigert zudem das Risiko für Rezidive, also für das erneute Auftreten von Tumoren. Regelmäßige körperliche Aktivität reduziert dagegen die Gefahr, Krebs zu bekommen oder dass ein Tumor wiedererscheint. Experten empfehlen fünf bis sieben Stunden moderat anstrengende körperliche Tätigkeit pro Woche, zum Beispiel Fahrradfahren oder zügiges Spazierengehen. „Dass Übergewicht und Bewegungsmangel schlecht für Herz und Kreislauf sind, ist allgemein bekannt“, so Bertz. „Wir wollen die bekannten negativen Auswirkungen auf Tumorerkrankungen aber noch stärker in das Bewusstsein von Ärzten und Bevölkerung bringen“, betont der Experte für Ernährung in der Onkologie.

 Menschen, die bereits an Krebs erkrankt sind, verlieren oft dramatisch an Gewicht. Dabei handelt es sich vor allem um den Abbau von Muskelmasse, nicht von Fettgewebe. Für Tumorpatienten können Mangelernährung und Gewichtsverlust schwerwiegende Folgen haben: Sie schwächen den Patienten und wirken sich negativ auf Operationserfolg, Chemotherapie, Prognose und nicht zuletzt die Lebensqualität aus. „Jährlich sterben allein 20 bis 30 Prozent aller Krebspatienten nicht an ihrer Grunderkrankung, sondern an den Folgen ihrer Mangelernährung“, betont DGEM-Kongresspräsident Professor Dr. med. Christian Löser, Chefarzt der Medizinischen Klinik der DRK-Kliniken Nordhessen und Experte für Mangelernährung. Die Experten sind sich einig: „Hier müssen wir mit etablierten ernährungsmedizinischen und ernährungstherapeutischen Maßnahmen intensiv gegensteuern.“ Tumorpatienten können von einer individuellen ernährungsmedizinischen Betreuung und bewegungstherapeutischen Maßnahmen enorm profitieren. „Wichtig ist, dass diese Maßnahmen bereits frühzeitig starten und nicht erst dann, wenn sich der Patient bereits in einem Stadium des Auszehrsyndroms (Kachexie) befindet“, ergänzt Bertz. „Sowohl in der Klinik als auch in der ambulanten Betreuung sollte eine individuelle Ernährungstherapie eine Selbstverständlichkeit sein“, fordert Ingrid Acker, VDOE-Kongresspräsidentin und stellvertretende Vorstandsvorsitzende des BerufsVerband Oecotrophologie e.V. (VDOE).

 Auch in der Nachsorge bleibt das Thema Ernährung aktuell: „Ehemalige Patienten können durch ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung die Folgen der Erkrankung oder Therapie lindern, ihre Widerstandskraft steigern und ihre Lebensqualität verbessern“, so Bertz. Eine aktuelle im Journal of the American Medical Association erschienene Studie kam zu dem Ergebnis, dass ein gesundes Körpergewicht, regelmäßige Bewegung und der Verzehr von Gemüse, Obst und Vollkornprodukten das Sterberisiko um fast 50 Prozent reduzieren. „Beobachtungsstudien belegen für viele Krebserkrankungen, dass ein gesunder Lebensstil mit ausreichend körperlicher Aktivität das Wiederauftreten von Krebs deutlich reduzieren kann“, betont Löser.

 Welchen Stellenwert die Ernährung in der Krebsprävention und -therapie einnimmt, erklärt Professor Bertz auf der Kongress-Pressekonferenz am 21. Juni 2018. Die Tagung ERNÄHRUNG 2018, die unter dem Motto „Ernährung ist Therapie und Prävention“ steht, findet vom 21. bis 23. Juni 2018 im Kongress Palais Kassel statt.

 Quellen:

World Health Organization (2018): Cancer Key Facts. http://www.who.int/en/news-room/fact-sheets/detail/cancer

Arends J.: Ernährung bei Krebs: geeignet zur Vorbeugung und Therapie? Aktuel Ernahrungsmed 2018; 43: 86–91, DOI https://doi.org/10.1055/a-0596-5804

Nunez C., Bauman A., Egger S., Sitas F., Nair-Shalliker V.: Obesity, physical activity and cancer risks: Results from the Cancer, Lifestyle and Evaluation of Risk Study (CLEAR). Cancer Epidemiol. 2017 Apr;47: 56-63.

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. S3-Leitlinie: Klinische Ernährung in der Onkologie.  http://www.dgem.de/sites/default/files/PDFs/Leitlinien/S3-Leitlinien/073-006l_S3_Klin_Ern%C3%A4hrung_in_der_Onkologie_2015-10.pdf

Van Blarigan E. L., Fuchs C. S. Niedzwiecki D. et al.: Association of Survival With Adherence to the American Cancer Society Nutrition and Physical Activity Guidelines for Cancer Survivors After Colon Cancer. JAMA Oncol. 2018 Apr, DOI: 10.1001/jamaoncol.2018.0126

RISIKO: Zucker beeinflusst Stoffwechselvorgänge in Darm, Leber und Gehirn

Adipositas ist der stärkste Risikofaktor für die Entstehung eines Diabetes Typ 2: 80-90 Prozent der Menschen in Deutschland mit Diabetes Typ 2 sind auch adipös. Zuckerhaltige Lebensmittel und Getränke, insbesondere Softdrinks, fördern Übergewicht und Typ-2-Diabetes. Dafür ist zum einen der hohe Kaloriengehalt verantwortlich, zum anderen zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse, dass Saccharose auch unabhängig vom Körpergewicht aufgrund seiner Zusammensetzung aus Fruktose und Glukose bestimmte Stoffwechselabläufe ungünstig beeinflusst: So regt Fruktose die Entstehung einer Fettleber an. Glukose setzt im Dünndarm das Hormon GIP frei, das unter anderem ebenfalls für die Entwicklung einer Fettleber verantwortlich ist und eine Insulinresistenz fördert. 

In Deutschland sind zwei von drei Männern und jede zweite Frau übergewichtig, knapp ein Viertel ist sogar adipös, also schwer übergewichtig. 13 Prozent der Kinder in Deutschland haben Übergewicht, über sechs Prozent sind adipös. Das sind mehr als doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Adipositas ist zur häufigsten chronischen Erkrankung im Kindes- und Jugendalter geworden. Circa zehn Prozent sehr adipöser Jugendlicher weisen auch eine Störung der Glukosetoleranz auf. Der Zusammenhang zwischen dem Konsum zuckerhaltiger Getränke (Softdrinks) und Übergewicht sowie Typ-2-Diabetes ist in Studien belegt.

„Auch wenn die Gesamtkalorienzahl die Hauptrolle bei der Adipositasentstehung spielt, trägt Zucker aufgrund seiner Zusammensetzung gleich mehrfach dazu bei“, sagt Professor Dr. med. Andreas F. H. Pfeiffer, Leiter der Abteilung für Klinische Ernährung am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) Potsdam-Rehbrücke und Leiter der Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Ernährung der Charité Campus Benjamin Franklin/Charité Universitätsmedizin Berlin. 

Glukose setzt im oberen Dünndarm aus den sogenannten K-Zellen das Hormon Glukoseinduziertes Insulinotropes Peptid, (GIP), frei. „Dadurch bewirkt sie unter anderem die Entstehung einer Fettleber sowie einer Insulinresistenz“, erklärt Professor Pfeiffer. „Denn das GIP steuert einerseits im Fettgewebe die Lipolyse und sorgt dafür, dass weniger Fett aus den Speichern nach einer Mahlzeit verbrannt werden kann. Weiterhin steuert es die Durchblutung im Darm, so dass das Blut möglichst effektiv mit seinen Nährstoffen zu den Speicherorganen kommt und nicht erst als Glykogen in der Leber abgelagert wird.“ Außerdem wirke GIP auf das Gehirn, wo es die Freisetzung des appetitanregenden Hormones Neuropeptid Y (NPY) steigere. Darüber hinaus bewirkt GIP auch eine erhöhte Trägheit. „Die Gewichtszunahme mit dem Eintritt der Menopause bei Frauen scheint ebenfalls mit dem Hormon GIP zusammenzuhängen“, so Professor Pfeiffer.

Fruktose wird zu etwa 90 Prozent von der Leber extrahiert und unter hohem Energieverbrauch verstoffwechselt. Fruktose ist in höherer Dosis ein unmittelbarer Stimulator der Fettsynthese in der Leber. Professor Pfeiffer erläutert: „Dies wird auch in epidemiologischen Studien bestätigt, in denen die Fettleber eng mit dem Fruktosekonsum zusammenhängt. In kürzlich publizierten Studien an Kindern konnte sogar gezeigt werden, dass eine kurzfristige Einschränkung der Fruktoseaufnahme zu einer schnellen Verbesserung der Fettleber führt.“ Darüber hinaus rege Fruktose die Harnsäurebildung an. „Ein hoher Harnsäurespiegel kann Gicht auslösen und wird mit anderen Stoffwechselstörungen wie beispielsweise einem erhöhten Blutdruck und Insulinresistenz in Zusammenhang gebracht.“ Somit fördere Zucker auf besondere Weise verschiedene Aspekte zivilisatorischer Stoffwechselkrankheiten. Maßnahmen dagegen diskutieren die Teilnehmer des 53. Frühjahrskongresses der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft