Studie: Dicke Kinder haben bereits Atherosklerose-Frühform

Vom 8. – 11. April 2015 findet in Mannheim die 81. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) statt.

Übergewichtige Kinder weisen bereits überhöhte Blutdruckwerte, Stoffwechsel-Veränderungen und Veränderungen von Blutgefäßen auf, die als Frühform einer allgemeinen Atherosklerose angesehen werden müssen. Das berichtet PD Dr. Sandra Erbs (Universität Leipzig) auf der 81. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, bei der vom 8. bis 11. April in Mannheim 8.500 aktive Teilnehmer aus 25 Ländern zusammentreffen. Generalisierte Atherosklerose bedeutet eine krankhafte Veränderung der Blutgefäße mit Wand-Verhärtung und -Verdickung, sowie Elastizitätsverlust und Einengung.

Eine Leipziger Forschergruppe unterzog 106 adipöse und 71 normalgewichtige Kinder 24-Stunden-Blutdruckmessungen und einem oraler Glukosetoleranztest, Messungen an der Halsschlagader (Intima-Media-Dicke), Messungen der Funktion der innersten Wandschicht von Blutgefäßen (En-dothel), der körpereigenen Regeneration und von Entzündung. Im Vergleich zu Normalgewichtigen war der 24-Stunden-Blutdruckwert in der Gruppe der adipösen Kinder signifikant schlechter, sie hatten einen im Durchschnitt um 8,2 mmHg höheren systolischen Blutdruck. Die Endothelfunktion war bei adipösen Kindern signifikant eingeschränkt. Zudem gaben pathologische Veränderungen der Intima-Media-Dicke (ein Messwert für Wandveränderungen des Gefäßes) Hinweise auf beginnende Gefäßveränderungen. Die Anzahl im Blut zirkulierender endothelialer Vorläuferzellen, die die Fähigkeit haben, zu Endothelzellen zu differenzieren, war bei adipösen Kindern reduziert. Das deutet auf eine eingeschränkte körpereigene Regenerationsfähigkeit hin.

Quelle: DGK-Abstract P 425. 24-Stunden-Blutdruckprofil und vaskuläre Funktion bei Kindern mit Adipositas im Vergleich zu normalgewichtigen Kindern; S. Erbs, N. Mangner, R. Höllriegel, K. Scheuermann, M. Neef, A. Berthold, M. Vogel, G. C. Schuler, W. Kiess, A. Körner

Bereits bei Kindern beeinflusst körperliche Aktivität die Höhe des Blutdrucks

Kinder, die körperlich aktiv sind, beeinflussen positiv ihren Blutdruck. Dies zeigt eine neue Studie, die untersucht hat, wie sich körperliche Aktivität und sitzendes Verhalten auf den Blutdruck bei Kindern auswirken. Sie basiert auf Daten von Kindern aus acht europäischen Ländern, die am EU-Projekt IDEFICS teilgenommen hatten. Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS sind Mitautoren der Studie, die jetzt im „International Journal of Cardiology“ erschienen ist.

Mehr als 18.000 Kinder aus acht europäischen Ländern – Belgien, Deutschland, Estland, Italien, Schweden, Spanien, Ungarn und Zypern – nahmen an der IDEFICS-Studie teil. Von diesen wurden 5.061 im Alter zwischen zwei und neun Jahren mit einem Accelerometer ausgestattet, der ihre Bewegungsaktivität aufzeichnete.

Die Ergebnisse dieser Studie untermauern bisherige Untersuchungen, die eine günstige Wirkung von körperlicher Aktivität auf den Blutdruck zeigen. Es werden verschiedene Mechanismen diskutiert, durch die sich Bewegung regulierend auf den Blutdruck auswirkt. So gibt es überzeugende Belege, dass die körperliche Anstrengung die innere Zellschicht der Blutgefäße stimuliert, so dass die Gefäße erweitert werden und der Blutdruck sinkt.

Das BIPS und die Universität Bremen koordinierten gemeinsam die IDEFICS-Studie. Die Untersuchung zu Bluthochdruck bei Kindern im Zusammenhang mit körperlicher Aktivität wurde von der GENUD-Forschungsgruppe (Growth, Exercise, Nutrition and Development Research Group) der Universität von Zaragossa in Spanien unter der Leitung von Prof. Dr. Luis Moreno durchgeführt. Dies erfolgte in Zusammenarbeit mit Dr. Augusto F. de Moraes von der YCARE-Forschungsgruppe (Youth/Child and Cardiovascular Risk and Environmental Research Group) der medizinischen Universität von Sao Paulo in Brasilien.

De Moraes erklärt: „Chronische Erkrankungen machen den Hauptanteil der globalen Krankheitslast aus und stellen somit ein zentrales öffentliches Gesundheitsproblem dar. Unter den chronischen Erkrankungen bei Erwachsenen kommt Bluthochdruck am häufigsten vor. Studien haben gezeigt, dass die Höhe des Blutdrucks in Kindheit und Jugend die Entwicklung von Bluthochdruck im Erwachsenenalter maßgeblich beeinflusst. Für eine langfristige Gesundheit ist es daher wichtig, frühzeitig ein gesundes Verhalten zu entwickeln. Hierzu gehört es zum Beispiel, bereits bei Kindern und Jugendlichen eine regelmäßige körperliche Aktivität zu fördern.“

Die Untersuchungen der IDEFICS-Studie werden in der EU-finanzierten I.Family-Studie weitergeführt, die das BIPS gemeinsam mit der Universität Bremen leitet. Die IDEFICS-Kinder sind mittlerweile ins Teenageralter gekommen. Bei der I.Family-Studie sind sie als Probanden wieder mit dabei, auch ihre Geschwister und Eltern sind zur Teilnahme eingeladen. Das Forschungsprojekt will erforschen, welche Motive zu einem gesunden Ernährungs- und Lebensstil führen und welche Hemmnisse dies verhindern können. Dabei soll auch herausgefunden werden, ob diese Einflussfaktoren das Risiko für Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.

Dr. Johann Böhmann, Chefarzt der Kinderklinik in Delmenhorst und Mitglied des Beirates der I.Family-Studie, erklärt: „Ich kann aus meiner Erfahrung bestätigen, dass die Fälle von Bluthochdruck bei Kindern und Jugendlichen zunehmen. Umso erfreulicher ist es, dass einfache Maßnahmen helfen, den Blutdruck nachweisbar zu senken. Hierzu zählt, dass wir die Kinder unterstützen, mit Freude körperlich aktiv zu sein.“ Quelle: Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS

Publikation:
„Incidence of high blood pressure in children – Effects of physical activity and sedentary behaviors: The IDEFICS study: High blood pressure, lifestyle and children.“
de Moraes AC, Carvalho HB, Siani A, Barba G, Veidebaum T, Tornaritis M, Molnar D, Ahrens W, Wirsik N, De Henauw S, Mårild S, Lissner L, Konstabel K, Pitsiladis Y, Moreno LA; IDEFICS consortium. International Journal of Cardiology. 2015 Feb 1;180:165-70. doi: 10.1016/j.ijcard.2014.11.175. Epub 2014 Nov 26. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0167527314023560

Bewegungsmangel: Deutschland bleibt sitzen

Zum dritten Mal präsentieren die DKV und das Zentrum für Gesundheit durch Bewegung und Sport der Deutschen Sporthochschule Köln den DKV-Report „Wie gesund lebt Deutschland?“. Der auf Daten von 2014 beruhende Report gibt einen wissenschaftlich fundierten Einblick in das Gesundheitsverhalten der Menschen in Deutschland. Diesmal untersuchten die Experten zum ersten Mal differenziert das Sitzen als eigenständigen gesundheitlichen Risikofaktor. Außerdem geben Eltern in einer speziellen Befragung Auskunft über das Medien- und Gesundheitsverhalten ihrer 6- bis 12-jährigen Kinder.

Für den DKV-Report „Wie gesund lebt Deutschland?“ 2015 befragte das Marktforschungsinstitut GfK mehr als 3.000 Menschen in Deutschland intensiv zu ihrem Gesundheitsverhalten. Die Befragten berichteten am Telefon umfangreich über ihren Alltag: wie viel sie sich bewegen, was sie essen, wie gestresst sie sind und wie sie mit Alkohol und Zigaretten umgehen. Und, das ist neu in diesem Jahr: bei welchen Gelegenheiten und wie lange sie sitzen.

Nie hatten es die Menschen so bequem wie heute: Wir sitzen beim Arbeiten, vor dem Fernseher, im Auto und während wir online einkaufen. Zahlen des DKV-Reports zeigen, dass die Deutschen im Mittel siebeneinhalb Stunden pro Tag sitzen, die jungen Erwachsenen sogar neun Stunden. „Wir sind ein Volk der Sitzenbleiber geworden. Das dauerhafte Sitzen hat weitreichende Folgen für den Fett- und Blutzuckerstoffwechsel und macht die Menschen krank“, warnt Clemens Muth, Vorstandsvorsitzender der DKV.

Dauersitzen ist neben allgemeinem Bewegungsmangel heute als ein eigenständiger Risikofaktor für die Gesundheit anerkannt. „Im Bundes¬durchschnitt sitzen die Menschen am längsten vor dem Fernseher“, stellt Hochschul-Professor Ingo Froböse fest, wissenschaftlicher Leiter des DKV-Reports. Statistisch gesehen erhöht jede tägliche zusätzliche Fernsehstunde auf dem Sofa die Sterblichkeit um 11%. „Also kann jeder sich etwas Gutes tun, indem er den Fernseher nach der Lieblingssendung ausschaltet und vom Sofa aufsteht.“ Der zweithäufigste Grund fürs Sitzen ist im Bundesdurchschnitt die Arbeit am Schreibtisch. Hier sieht Froböse die Arbeitgeber am Zug: „Es gibt Möglichkeiten, das Sitzen zu begrenzen, etwa Stehmeetings, verstellbare Schreibtische und aktive Büropausen.“ Gerade mit Blick auf die älter werdenden Belegschaften und den Fachkräftemangel sollten Arbeitgeber das Thema Dauersitzen ernst nehmen.

Erstmals enthält der DKV-Report 2015 eine Befragung von 300 Eltern zu Mediennutzung und Gesundheitsverhalten ihrer 6- bis 12-jährigen Kinder. Nur ein Viertel der Kinder hält sich demnach an die Empfehlung, nicht länger als eine Stunde pro Tag Bildschirmmedien zu nutzen. 72% der Kinder haben sogar einen eigenen Fernseher im Kinderzimmer, 50% einen Internetzugang. „Darunter leidet die Gesundheit. Wir haben festgestellt, dass sich jedes zweite Kind zu wenig bewegt“, sagt DKV-Chef Muth. „Kinder wachsen praktisch im Sitzen auf und kopieren den ungesunden Lebensstil ihrer Eltern.“ Die Probleme beschränken sich jedoch nicht auf die Freizeit. Auch den Schulalltag bewerten die meisten Eltern kritisch: Nur 30% meinen, dass Ganztagsschulen die Bewegung und gesunder Ernährung ihrer Kinder fördern.

Die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern erreichen mit 19% am häufigsten die Vorgaben für ein rundum gesundes Leben. Mecklenburg-Vorpommern steht damit zum dritten Mal an der Spitze des DKV-Reports. Berlin und Nordrhein-Westfalen sind mit 8% die Schlusslichter. Die Ursachen sind durchaus unterschiedlich, erklärt Ingo Froböse: „Die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern bewegen sich viel und ernähren sich gesund. Menschen in NRW leiden vor allem unter Stress und Bewegungsmangel. Und die Berliner rauchen viel und trinken gerne Alkohol.“ Quelle: Deutsche Sporthochschule Köln / ERGO

Wirtschaft ist so rational wie der Kauf eines Ferraris

Prof. Dr. Birger P. Priddats neues Buch beendet die Ideologie der rationalen Kaufentscheidungen – Überredung, Vertrauen und Freunde entscheiden mit

„Economics of persuasion“ – Ökonomie der Überredung heißt das neue Buch von Prof. Dr. Birger P. Priddat. Es beginnt mit einem Wasserkocher – der alte ist verkalkt und abgewrackt, ein neuer soll her. Bestens vorbereitet mit allen Ergebnissen von Stiftung Warentest im Kopf begibt sich der Homo oekonomicus ins Geschäft, zutiefst zur Rationalität entschlossen. Im Regal warten 16 verschiedene Exemplare auf den armen Tropf und alle Überlegungen zu Preislimit und Energieverbrauch verdampfen wie der letzte Tropfen im Kocher – was rational richtig wäre ist hässlich wie die Nacht und eine Beleidigung für das schlafverkrustete Auge am Morgen. Der rationale Neokortex wird augenblicklich vom emotionalen limbischen System des Hirns überstimmt und der teure, aber schönere Kocher wird gekauft. Soviel zur Theorie, dass alle Transaktionen in der Wirtschaft rational entschieden werden. „Das hat eine nette Logik, die wir alle gerne an der Wirkung sehen würden, stimmt aber mit der Realität nicht im mindesten überein“, sagt Priddat.

Und legt nach: „In der Bank, bei Anlage oder Kredit, geht es um Vertrauen, denn im Zweifel kann ich das Angebot doch nicht nachrechnen und wenn ich unabhängig beraten werden wollte, würde ich mir einen unabhängigen Berater suchen. So aber akzeptiere ich, dass der Banker mir das Produkt mit der meisten Rendite für ihn oder die Bank andreht, weil ich ihm vertraue.“ Den Vorgang nennt Priddat „Nichtwissenbasierte Beziehung“. Oder noch zugespitzter: Wie rechtfertigen sich astronomische Preise in Luxusrestaurants? „Satt macht mich die Pommesbude nebenan auch.“ Der Geschmack, lautet dann das Argument der Gourmets. Doch geht es wirklich darum? „Es geht um eine Community: Meine Freunde haben mir das empfohlen, der Gastro-Kritiker meiner Zeitung war begeistert – Ich entscheide doch nicht nach rationalen, sondern nach zutiefst emotionalen Gesichtspunkten“, erklärt Priddat an diesem Beispiel und weitet die Analyse aus: „Werbung alleine reicht nicht, um mich für ein Produkt einzunehmen. Da müssen Stimmen aus meiner Umgebung – Freunde, Netzwerke, Nachbarn – dazukommen, damit eine Resonanz entsteht und ich mich wirklich zu einem Kauf überreden lasse.“ Die gegenseitige Beobachtung ist somit wichtigstes Argument für oder gegen einen Kauf. „Der Markt ist eine rhetorische Veranstaltung und der Preis spielt nur die zweite Geige“, bringt er seine These auf den Punkt. Deutung und Bedeutung statt Konkurrenz und Preis.

Zum Schluss macht Priddat einen Schritt zu einer neuen ökonomischen Theorie: Alleine die Tatsache, dass es zu wirtschaftlichen Transaktionen kommt, bestimme den Markt, nicht das Motiv. „Natürlich geht es um Nutzen für Käufer und/oder Verkäufer, aber Rationalität spielt dabei selten eine Rolle.“

Birger P. Priddat: Economics of persuasion
Ökonomie zwischen Markt, Kommunikation und Überredung
Metropolis, 2015, 477 Seiten, ISBN 978-3-7316-1046-5

Stresshormon verringert Knochenstabilität bei Kindern

Schon eine geringe Überproduktion des Stresshormons Cortisol kann die Knochenstabilität von Kindern signifikant beeinträchtigen. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität Bonn. Die Arbeit erscheint in Kürze im Journal of Bone and Mineral Research; online ist sie bereits abrufbar. Die Wissenschaftler untersuchen derzeit in einem Anschlussprojekt, ob sich der Cortisol-Spiegel durch eine gezielte Ernährung senken lässt. Erste Vorergebnisse deuten darauf hin, dass eine ausreichende Versorgung mit Obst und Gemüse helfen kann.

An der Knochenstudie nahmen 175 gesunde Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren teil. Sie gaben im Abstand eines Jahres zwei Urinproben ab. Zum Zeitpunkt der zweiten Probe führten die Forscher zusätzlich bei jedem Teilnehmer eine computertomographische Untersuchung des Unterarms durch.

Dabei stießen sie auf einen signifikanten Zusammenhang: Je mehr Cortisol und Cortisol-Umbauprodukte sie im Urin fanden, desto fragiler war – bei vergleichbarer Zufuhr wichtiger knochenaufbauender Nährstoffe – im Schnitt der Unterarm-Knochen. „Die Mädchen und Jungen waren völlig gesund und weder zu dünn noch zu dick“, betont der Studienleiter Prof. Dr. Thomas Remer. „Die im Urin gemessenen Cortisol-Mengen waren zwar bei manchen Teilnehmern höher als bei anderen, sie waren aber immer im normalen physiologischen Rahmen. Dennoch fanden wir bereits bei diesen natürlichen Schwankungen einen deutlichen Effekt.“

Medikament führt zu Knochenschwund

Cortisol – oft auch als Cortison bezeichnet – wird in der Nebennierenrinde produziert. Das lebenswichtige Hormon wirkt unter anderem entzündungshemmend. Daher wird es auch als Medikament eingesetzt. Schon seit Jahrzehnten ist bekannt, dass eine langfristige Gabe hoher Cortisol-Dosen zu Knochenschwund führen kann. Neu ist aber, dass bereits die vom Körper natürlicherweise produzierten Cortisol-Mengen einen negativen Effekt haben können.

Wichtig ist diese Erkenntnis vor allem, weil Knochenkrankheiten im Erwachsenenalter oft in der Jugend wurzeln. Denn wenn etwa in jungen Jahren zu wenige Mineralien in die Knochen eingebaut wurden, leidet deren Stabilität langfristig. Eine mögliche Folge kann Jahrzehnte später etwa eine Osteoporose sein.

Obst ist gut für die Knochen

Daher wollen die Forscher nun auch herausfinden, welche Rolle die Ernährung für das Stresshormon Cortisol und seine Wirkungen auf Knochensystem und Stoffwechsel spielt. So weisen Studien mit Erwachsenen darauf hin, dass eine obst- und gemüsereiche Kost vermutlich den Cortisolspiegel senken kann. Äpfel, Orangen, Kartoffeln oder Spinat sind also möglicherweise gut für die Knochengesundheit.

„Wir wollen wissen, ob sich eine derartige Cortisolsenkung auch für Kinder und Jugendliche nachweisen lässt“, sagt Remer. „Das wäre ein weiteres Argument für die schon heute gültige Empfehlung, fünfmal täglich Obst oder Gemüse zu sich zu nehmen.“

Die aktuellen Resultate stammen aus der so genannten DONALD-Studie. Das Akronym steht für DOrtmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed – es handelt sich also um eine Langzeituntersuchung zur Auswirkung der Ernährung auf den Menschen. An der Studie nehmen derzeit über 500 gesunde Kinder und Jugendliche teil. Bei den Probanden werden vom Säuglings- bis ins Erwachsenenalter in regelmäßigen Abständen detaillierte Daten zu Ernährung, Wachstum, Entwicklung, Stoffwechsel und Gesundheitsstatus erhoben. Seit Januar 2012 gehört die in Dortmund durchgeführte Langzeitstudie als Außenstelle zum Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften (IEL) der Universität Bonn.

Publikation: Lijie Shi, Alberto Sánchez-Guijo, Michaela F. Hartmann, Eckhard Schönau, Jonas Esche, Stefan A. Wudy, Thomas Remer: Higher glucocorticoid secretion in the physiological range is associated with lower bone strength at the proximal radius in healthy children: importance of protein intake adjustment; Journal of Bone and Mineral Research; DOI: 10.1002/jbmr.2347

Studie: Kinder nehmen an Wochenenden mehr Zucker zu sich

Die europäische Studie IDEFICS zeigt, dass der Zuckerkonsum von Kindern an Freitagen, Samstagen und Sonntagen erheblich höher ist als an anderen Wochentagen. Die Ergebnisse wurden im „European Journal of Clinical Nutrition“ veröffentlicht.

Viele Kinder dürfen in den Sommerferien häufiger Eis und andere Süßigkeiten essen. Eltern, die sich um die Zuckeraufnahme ihrer Kinder sorgen, sollten jedoch mehr auf die Ernährung ihrer Familie an Freitagen, Samstagen und Sonntagen achten. Eine europäische Studie zeigt, dass der Zuckerkonsum von Kindern an diesen Tagen erheblich höher ist als an anderen Wochentagen.

Der Artikel „European children’s sugar intake on weekdays versus weekends“, veröffentlicht im „European Journal of Clinical Nutrition“, basiert auf Daten der EU-Studie IDEFICS, die von 2006 bis 2012 durchgeführt wurde. Die Universität Bremen leitete das Projekt in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS. 23 weitere Forschungsinstitute in elf EU-Ländern waren an der Studie beteiligt.

Rund 9.500 Kinder im Alter zwischen 2 und 9 Jahren – unterteilt in Vorschulkinder von 2 bis unter 6 Jahren und Schulkinder von 6 bis 9 Jahren – wurden in die Analysen eingeschlossen. Die Eltern füllten ein 24-Stunden-Ernährungsprotokoll mit Hilfe eines computerbasierten Programms aus. Es zeigte sich, dass die an der Studie teilnehmenden Kinder einen hohen Zuckerkonsum unter der Woche hatten, der sich am Freitag und an Wochenenden nochmals leicht erhöhte. Neben Süßigkeiten und Schokolade zählten auch Nahrungsmittel mit einem hohen Zuckeranteil dazu: Getreideprodukte wie Backwaren und Frühstücksflocken/Müsli, Milcherzeugnisse wie Eis und Joghurts, Brotaufstriche wie Honig und Marmelade, Dessert-Saucen sowie zuckerhaltige Getränke.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Eltern ihren Kindern nach einer stressigen Schulwoche, zu besonderen Anlässen, am Wochenende oder in den Ferien häufiger Süßigkeiten geben. Für Familien jedoch, die einen gesünderen Lebensstil anstreben, können die Studienergebnisse wertvolle Anhaltspunkte liefern. „Es ist wichtig herauszufinden, wann das Ernährungsverhalten von Kindern weniger gesund ist. Dies ermöglicht Gegenmaßnahmen, um eine gesunde Ernährung zu fördern“, erklärt die Autorin Åsa Svensson von der Universität Umeå in Schweden. „Wenn der Gesamt-Zuckerkonsum der Kinder sinken soll, ist es wichtig für Eltern, insbesondere an Freitagen und Wochenenden die Ernährungsgewohnheiten der Familie unter die Lupe zu nehmen – darauf weisen unsere Ergebnisse hin. An diesen Tagen können Eltern besser kontrollieren, was ihre Kinder essen.“

Garrath Williams von der Universität Lancaster in Großbritannien, hauptverantwortlicher Wissenschaftler für Ethik und Politik innerhalb der I.Family-Studie, spricht sich dafür aus, die Ergebnisse zum Zuckerkonsum von Kindern breiter zu interpretieren: „Ich denke, das Hauptaugenmerk sollte sich auf den hohen durchschnittlichen Zuckerkonsum an Wochentagen wie auch an Wochenenden richten. Dieser sollte sowohl Schulen als auch Eltern Sorge bereiten – ebenso Firmen, die Lebensmittel speziell für Kinder herstellen und vermarkten.“

Den Zuckerkonsum zu verringern, ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um die Ernährung von Kindern zu verbessern. Ein hoher Zuckerkonsum geht mit einem erhöhten Risiko für Diabetes Typ 2 und Übergewicht einher. Daraus ergibt sich wiederum ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck und koronare Herzkrankheiten. Die ebenfalls von der EU geförderte Studie I.Family setzt die Forschung in diese Richtung fort. Sie begleitet die Kinder, die an der IDEFICS-Studie teilgenommen haben, auf dem Weg in die Pubertät. So soll bei europäischen Familien festgestellt werden, welche Faktoren eine gesunde Ernährung und einen gesunden Lebensstil hemmen oder fördern. Quelle: Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS
Publikation:
„European children’s sugar intake on weekdays versus weekends: the IDEFICS study“
Å Svensson, C Larsson, G Eiben, A Lanfer, V Pala, A Hebestreit, I Huybrechts, JM Fernández-Alvira, P Russo, AC Koni, S De Henauw, T Veidebaum, D Molnár and L Lissner on behalf of the IDEFICS consortium. European Journal of Clinical Nutrition (EJCN). 2014;68:822-828. http://www.nature.com/ejcn/journal/v68/n7/full/ejcn201487a.html

Hautkrebs-Vorsorge fängt im Kindesalter an

Sonnenbrände im Kindesalter gehören zu den Hauptursachen von Hautkrebs. Doch obwohl Sonnenbrände leicht vermeidbar sind, steigt die Zahl der Hautkrebsfälle seit Jahren an. Darauf weist das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in seinem neuen Jahresbericht hin. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks warnt deshalb davor, den Sonnenschutz von Kindern zu vernachlässigen. „Hautkrebs-Vorsorge fängt im Kindesalter an“, sagte Hendricks anlässlich der Vorstellung des BfS-Berichts. „Eltern tragen dafür eine besondere Verantwortung. Gerade in der Urlaubszeit sollten sie penibel auf den Sonnenschutz ihrer Kinder achten. Dass die Haut am Ende eines Sonnentags am Meer oder am Badesee schmerzhaft rot ist, ist schnell passiert – und damit kann schon der erste Grundstein für späteren Hautkrebs gelegt sein.“

Schwerpunkt des BfS-Jahresberichts ist der Weg von der Wissenschaft zum vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutz. „Die Frage, wie sich die wissenschaftlich-technische Expertise des BfS in einen konkreten Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger umsetzen lässt, hat seit der Gründung des BfS immer stärkeres Gewicht bekommen“, sagte BfS-Präsident Wolfram König. „Der UV-Schutz ist hierfür ein gutes Beispiel. Das Wissen, dass die UV-Strahlung der Sonne Hautkrebs verursacht, ist mittlerweile Allgemeingut. Doch daraus folgt nicht automatisch auch das entsprechende Handeln. Dabei ist UV-Schutz für Kinder ein absolutes Muss: Sie brauchen Sonnenschutz lange, bevor sie selbst darüber entscheiden können. Das Bundesamt für Strahlenschutz weist deswegen bereits seit Jahren auf die Gesundheitsrisiken von UV-Strahlung hin und vermittelt praktische Möglichkeiten des Sonnenschutzes.“

Besondere Angebote macht das Amt denjenigen, die wesentlich zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Sonne beitragen können: Schulen und Kindergärten. Speziell für sie hat das BfS Unterrichtsmaterialen zu UV-Strahlung, -Wirkung und -Schutz entwickelt – die natürlich auch von Eltern und Großeltern kostenfrei genutzt werden können. In Fortbildungen des BfS können Lehrer/innen und Erzieher/innen weiteres Wissen erwerben. Auch mit ihrem Infomobil macht die Behörde auf Schulen und Kindergärten zugeschnittene Angebote. UV-Wissen für Kinder gibt es im Internetangebot des Amtes.

„Das Bundesumweltministerium unterstützt den Einsatz des BfS für mehr UV-Schutz. Das BfS stellt sich der Herausforderung, den wissenschaftlich-behördlichen Fachjargon hinter sich zu lassen und beim Sonnenschutz eine allgemein verständliche Sprache zu sprechen“, so Ministerin Hendricks. „Sonne – aber sicher!“ lautet entsprechend das Motto, unter dem alle Aktivitäten des BfS für den UV-Schutz gebündelt sind.

Der Jahresbericht des BfS

Neben ausgewählten Themen des vorsorgenden Gesundheits- und Verbraucherschutzes stellt der BfS-Jahresbericht weitere aktuelle Schwerpunkte und Herausforderungen des Strahlenschutzes vor. Dazu gehören:

• Konsequenzen aus dem Reaktorunfall in Fukushima,
• Standortauswahlverfahren für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle,
• Forschungskooperationen und -netzwerke mit internationalen Partnern,
• Zwischenlagerung und Transporte von radioaktiven Stoffen,
• Qualitätssicherung von Radioaktivitätsmessungen.

Der Jahresbericht des BfS ist im Internet unter http://www.bfs.de/de/bfs/publikationen/berichte/jb/jb_2013.html abrufbar.

Die sieben wichtigsten Sonnenregeln für Kinder

1. Zieh Dich an!

Am besten schützt Dich weite bequeme Kleidung: Ein T-Shirt, Hose oder Rock bis über die Knie, Schuhe und ein Hut mit Krempe oder ein Piratentuch, das auch den Nacken schützt, sind genau richtig.

2. Sonnenbrille ist cool!

Deine Augen schützt Du am besten mit einer coolen Sonnenbrille, die auch richtig gut seitlich am Kopf anliegt. Auf der Sonnenbrille soll „UV 400“ oder „100 % UV“ und Cat 2 oder Cat 3 stehen. Die Gläser sollten grau oder braun getönt sein.

3. Creme Dich ein!

Alle nackten Körperstellen cremst Du am besten eine halbe Stunde vor dem Rausgehen richtig dick ein. Vergiss nicht Stirn, Nase, Ohren, Lippen, Nacken, Schultern, Hände, Knie und den Fußrücken! Nimm eine Sonnencreme mit mindestens Lichtschutzfaktor (LSF) 30. Wenn Du besonders empfindliche Haut hast, dann muss der LSF noch höher sein. Die Sonnencreme soll gegen UV-A und UV-B-Strahlung schützen – das steht auf der Sonnencreme drauf.

4. Nachcremen nicht vergessen!

Vergiss das Nachcremen nicht! Schwitzen, Baden, Abtrocknen, im Sand spielen – und die Sonnencreme ist futsch!

5. Zwischen 11 und 3 ist sonnenfrei!

Mittags, wenn es so richtig heiß ist, ist auch die UV-Strahlung am höchsten. Bleibe mittags im Schatten oder besser noch – geh ins Haus. Da ist es kühl und der Sonnenbrand kann Dich nicht erwischen.

6. Schatten suchen!

Sonne ist super – aber zu viel davon mag Deine Haut nicht! Such Dir zwischendurch mal einen schattigen Platz!

7. Vergiss nicht zu trinken!

Dein Körper verliert durchs Schwitzen viel Flüssigkeit. Das muss ausgeglichen werden – also trink viel, am besten Wasser, dann geht’s Dir gut.

Dresdner Kinder- und Jugendpsychiatrie bündelt Therapie von Patienten mit Tics und Zwangsstörungen

Nach Eröffnung einer deutschlandweit einmaligen Spezialstation zur Behandlung von Tic- und Zwangsstörungen im Juni vergangenen Jahres verbessert die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden das Therapieangebot für diese Patienten noch weiter: Dank des neu etablierten Zentrums werden die ambulanten und stationären Behandlungen nun direkt verzahnt. Damit können die Patienten das mehrere Versorgungsformen umfassende Therapieprogramm der Klinik ohne zeitliche Verzögerungen und ohne Wechsel ihres Therapeuten durchlaufen.

Die Strukturen des Zentrums stellen sicher, dass die Therapeuten je zur Hälfte ihrer Arbeitszeit in der Ambulanz und auf der Spezialstation tätig sind. Seit der Eröffnung der Spezialstation im Juni 2013 hat die Klinik insgesamt bereits über 200 Kinder versorgt, bei denen der Verdacht oder der Befund einer Tic- beziehungsweise Zwangsstörung vorlagen.

„Gerade bei Zwangserkrankungen werden viele Familien bereits in einem frühen Stadium unbewusst zum Komplizen des Patienten. Später dann kommen Schamgefühle dazu. Dies alles verhindert oft, dass sich die Eltern frühzeitig um Hilfe bemühen. Leider tragen sie so dazu bei, dass das psychische Leiden ihres Kindes chronisch wird und sich damit schwieriger behandeln lässt“, sagt Prof. Veit Rößner. Tatsächlich lassen sich Zwangserkrankungen von Kindern in einem frühen Stadium nicht leicht erkennen. „Bis zur Einschulung kann es ganz normal sein, dass Kinder auf bestimmten Ritualen bestehen. Oft verschwinden diese so schnell wie sie kommen“, so der Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie weiter. Wenn sich aber die ganze Familie den Bedürfnissen des Kindes unterordnen muss, ist das ein Warnzeichen. Typische Zwänge drehen sich um die Körperhygiene, um das Essen oder die Ordnung. Als Beispiele nennt Oberärztin Dr. Jessika Weiß zum Beispiel eine bestimmte Reihenfolge, in der die Familie ihre Wohnung verlassen muss oder zwanghaftes Waschen der Hände beziehungsweise anderer Körperteile, wodurch die Betroffenen das Badezimmer regelmäßig blockieren. Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Hoher Zigarettenpreis hält Kinder und Jugendliche am ehesten vom Rauchen ab

Über 100.000 Todesfälle jährlich als Folge des Tabakkonsums: Deutsche Herzstiftung unterstützt Forderung nach Erhöhung der Tabaksteuer/ WHO-Weltnichtrauchertag am 31. Mai

Rauchen ist einer der bedeutendsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall, für verschiedene Krebsarten, chronische obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) und Diabetes. Jährlich sterben in Deutschland etwa 100.000 bis 140.000 Menschen vorzeitig an Erkrankungen, die durch Tabakkonsum verursacht werden. Zusätzlich sterben hierzulande jedes Jahr mehr als 3.000 Menschen durch Passivrauchen.

„Wir fordern deshalb von der Gesundheitspolitik konkrete Maßnahmen, den Tabakkonsum in Deutschland zu reduzieren, zum Beispiel durch eine spürbare Erhöhung der Tabaksteuer. Dies wäre ein effektiver Hebel, um das Rauchverhalten zu beeinflussen und den Einstieg vieler Menschen in das Rauchen zu verhindern. Ein hoher Zigarettenpreis hält insbesondere Kinder und Jugendliche davon ab, das Rauchen anzufangen“, hebt der Kardiologe Prof. Dr. med. Helmut Gohlke, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung, hervor.

Höhere Tabaksteuern: Schutz der Kinder vor dem Einstieg in die Raucherkarriere

Mit ihrer Forderung, die Tabaksteuern anzuheben („Raise taxes on tobacco“), richtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihre Bemühungen im Rahmen des Weltnichtrauchertages besonders auf den Schutz der Kinder und Jugendlichen. Die Deutsche Herzstiftung unterstützt ebenso wie die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und das Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V. (ABNR) die Forderung der WHO nach einer spürbaren Anhebung der Tabaksteuern. „In Deutschland würde dies einer sehr großen Anzahl von Menschen Nikotinabhängigkeit und tödliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber auch tödliche Krebserkrankungen ersparen“, sagt Prof. Gohlke.

Trotz der schwerwiegenden Folgen des Tabakkonsums rauchen in Deutschland immer noch mehr als 10 Prozent der 12- bis 17-Jährigen und ca. 30 Prozent der Erwachsenen. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen raucht, weil sie bereits nikotinabhängig sind und das Rauchen nicht ohne unterstützende Maßnahmen aufgeben können. In anderen EU-Ländern (z. B. Finnland, Schweden) konnte die Raucherquote durch strikte Tabakprävention bereits auf unter 20 Prozent reduziert werden. „Der dringende Nachholbedarf Deutschlands bei der Tabakkontrolle wird unterstrichen durch das blamable Ergebnis der neuesten europäischen Tabak-Kontroll-Skala 2013, wonach Deutschland unter den befragten 34 Ländern den vorletzten Platz einnimmt“, stellt Prof. Gohlke fest.* Die Skala beruht auf einer Beurteilung der Länder nach konkreten Maßnahmen zur Verringerung des Tabakkonsums (z. B. umfassende Werbeverbote, große Warnhinweise auf Zigarettenpackungen etc.).

Wer das Rauchen aufgibt, senkt sein Herz-Kreislauf-Risiko massiv

Rauchen ist das größte einzelne vermeidbare Gesundheitsrisiko. Tabak ist das einzige zugelassene Verbraucher-Produkt, welches bei vorschriftsgemäßem Gebrauch zu tödlich verlaufenden Erkrankungen führt: Herzinfarkt, Schlaganfall und periphere Gefäßerkrankungen, das sogenannte „Raucherbein“, werden durch das Tabak-Rauchen verursacht. Aber auch nach einem Herzinfarkt hat das Rauchen katastrophale Folgen. Umgekehrt kann durch vollständige Aufgabe des Rauchens nach einem Herzinfarkt das Risiko für weitere Herzkreislaufereignisse bei Personen, die bis zum Herzinfarkt geraucht haben, um 80% gesenkt werden, d. h. vier von fünf weiteren Ereignissen nach einem Herzinfarkt könnten durch vollständige Aufgabe des Rauchens vermieden werden.

* Joossens L, Raw M: The Tobacco Control Scale 2013 in Europe. Präsentiert auf der Sixth European Conference Tobacco or Health (TCToH), Istanbul, 26.-29. März 2014.

Stiftung Kindergesundheit: Optimierte Säuglingsernährung verhindert Übergewicht im Schulalter

Muttermilch ist in idealer Weise auf die Bedürfnisse des Babys in den ersten Monaten des Lebens abgestimmt: Sie unterstützt das Gedeihen des Kindes, bietet Schutz vor Infektionen und beugt späteren chronischen Krankheiten vor. Dabei beeinflusst ein Zusammenspiel vieler Komponenten beim Stillen die Gesundheit des Babys. Eines dieser Komponenten ist der Eiweißgehalt der Muttermilch. Der Eiweißgehalt der Nahrung, mit der ein Baby aufgezogen wird, rückte in den letzten Jahren besonders in den Fokus der Forschung, denn dieser dürfte maßgeblich daran beteiligt sein, ob das Kind später schlank bleibt oder Übergewicht entwickelt.

„Die ersten 1000 Tagen des menschlichen Lebens – von der Entwicklung im Mutterleib bis zum Alter von etwa zwei Jahren – bestimmen das Programm für das Wohlbefinden im späteren Leben und für die langfristige Gesundheit im Erwachsenenalter“, sagt Professor Dr. Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der Universitäts-Kinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit: „In dieser Zeit bieten sich die größten Chancen zur Vorbeugung gegen die bedrohlich zunehmenden Zivilisationskrankheiten unserer Tage und besonders gegen Übergewicht und Fettsucht. Unser besonderes Augenmerk gilt dabei der Ernährung des ungeborenen und des neugeborenen Kindes. Sie kann die genetischen Anlagen des Kindes und sein Immunsystem stärken oder schwächen und damit in die richtige oder aber in eine falsche Richtung programmieren und ist maßgeblich dafür verantwortlich, ob der kleine Mensch in seinem späteren Leben Gewichtsprobleme haben wird“.

Dabei spielt die Muttermilch eine wichtige Rolle: Sie hat sich in zahlreichen Studien und Metaanalysen als die beste Vorbeugung gegen Adipositas gezeigt. Sie verringert laut Stiftung Kindergesundheit das spätere Risiko für Übergewicht je nach Studie um zwischen 15 und 22 Prozent. Aus diesem Grund bemühen sich die Produzenten von industriell hergestellten Säuglingsnahrungen intensiv darum, die Zusammensetzung ihrer Produkte möglichst weit dem Vorbild der Muttermilch anzugleichen.

In den letzten Jahren wurde immer klarer, dass der Eiweißgehalt der Nahrung eine entscheidende Bedeutung für die Entwicklung der Babys besitzt. Proteine und ihre Bausteine, die verschiedenen Aminosäuren liefern die Grundsubstanz für den Stoffwechsel zum Aufbau aller Körperzellen des kindlichen Organismus. Viele der lebensnotwendigen Aminosäuren müssen mit der Nahrung aufgenommen werden.

Die Milch der Mutter ist auch in der Eiweißzusammensetzung einzigartig, weil sie einen besonders niedrigen Proteingehalt in sehr hoher Qualität bietet. Muttermilch enthält mit durchschnittlich 1,5 g pro 100 Milliliter deutlich weniger Proteine als die Kuhmilch mit 3,5 g Eiweiß pro 100 Milliliter. Auch der Eiweißgehalt industriell hergestellter Säuglingsnahrungen liegt meist deutlich höher als der der Muttermilch. Ein Zuviel an Proteinen belastet jedoch die Niere und kann die Ausschüttung von Insulin forcieren.

1678 Babys wurden verglichen

Die Frage, ob die Höhe der Eiweißzufuhr im ersten Lebensjahr auch die spätere Tendenz zum Übergewicht beeinflusst (die so genannte „Frühe Protein Hypothese“), wird seit 2002 in der von der Stiftung Kindergesundheit unterstützten und von Professor Koletzko koordinierten europäischen CHOP-Studie (European Childhood Obesity Project) untersucht. Kinder- und Jugendärzte in fünf europäischen Ländern (Deutschland, Belgien, Italien, Polen und Spanien) beobachten zusammen mit Ernährungswissenschaftlern die Entwicklung von 1678 Babys, mittlerweile im Verlauf der ersten sechs Lebensjahre.

Die teilnehmenden Babys wurden für die Studie in drei Gruppen aufgeteilt: Kinder, die nach dem zweiten Monat nicht mehr gestillt wurden, erhielten doppelblind während des ersten Lebensjahres randomisiert entweder eine Säuglingsnahrung mit niedrigem Eiweißgehalt oder Fläschchen-Kost mit höherem Eiweißgehalt. Babys, die auch nach dem zweiten Monat weiterhin gestillt wurden, dienten als Beobachtungsgruppe zur Kontrolle. Zunächst wurden im Alter von drei, sechs, zwölf, 18 und 24 Monaten nach einer genau standardisierten Methode Körpergröße und Körpergewicht gemessen und der so genannte Body-Mass-Index, BMI berechnet. Von mehr als 60 Prozent der Probanden lagen Daten zum Wachstum und zur Gewichtsentwicklung vor.

Die Untersuchungen des internationalen Forschungsteams zeigten schon ab einem Alter von sechs Monaten deutliche Unterschiede zwischen den gestillten und den mit der Flasche ernährten Babys. Bereits in diesem Alter ergaben sich auch schon die ersten Unterschiede in der Gewichtsentwicklung der mit der Flasche ernährten Kinder: Babys, die eine Säuglingsnahrung mit einem höheren Proteingehalt erhielten, legten mehr an Gewicht zu. Bei der Untersuchung im Alter von zwei Jahren erwiesen sie sich ebenfalls als deutlich schwerer als Kinder, die Nahrung mit weniger Protein bekamen.

Weniger Eiweiß, bessere Werte

Die kürzlich abgeschlossene Untersuchung der Kinder im Alter von sechs Jahren bestätigte die anfänglichen Erkenntnisse der Studie und lieferte entscheidende Beweise für die langfristigen Auswirkungen der Ernährung im Säuglingsalter. Martina Weber, Dr. von Haunersches Kinderspital der Ludwig Maximilians-Universität München, Abt. Stoffwechsel- und Ernährungsmedizin: „Unsere Messungen ergaben für Kinder, deren Säuglingsnahrung einen höheren Eiweißanteil hatte, deutlich höhere BMI-Werte im Alter von sechs Jahren. Ihr Risiko, übergewichtig zu werden, war nach Korrektur für weitere Risikofaktoren 2,9fach höher als das jener Kinder, die eine Fläschchen-Nahrung mit einem niedrigeren Eiweißanteil erhielten. Darüber hinaus führt eine höhere Eiweißzufuhr – im Vergleich zu einer eiweißärmeren Flaschennahrung oder zur Muttermilch – zu veränderten biochemischen und endokrinen Parametern und zu einem pathologisch erhöhten Nierenwachstum“. Die neue Erkenntnisse des Forschungsteams wurden Anfang 2014 im angesehenen wissenschaftlichen Fachblatt „American Journal of Clinical Nutrition“ publiziert(Am J Clin Nutr February 20, 2014, doi: 10.3945/ajcn.113.064071).

Daraus lassen sich folgende Empfehlungen ableiten:

O Stillen ist die beste Form der Säuglingsernährung und sollte aktiv und konsequent gefördert, unterstützt und geschützt werden. Zum Schutz des Stillens müssen die Grundsätze des WHO-Codex zur Vermarktung von Säuglingsnahrungen von den Herstellern eingehalten werden.
O Kinder sollten wegen des sehr hohen Eiweißgehaltes keine handelsübliche Trinkmilch (Kuhmilch) im ersten Lebensjahr zu trinken bekommen.
O Wenn die Mutter ihr Kind nicht oder nicht voll stillt, sollte sie ihr Kind bevorzugt mit einer Nahrung mit niedrigem Eiweißgehalt aber guter Eiweißqualität ernähren. Die Selbstherstellung von Fläschchen-Nahrung ist nicht empfehlenswert. Das gilt für alle Milcharten – also auch für Ziegen-, Schaf- und Stutenmilch sowie für andere Rohstoffe wie Mandeln oder Soja.
O In den ersten beiden Lebensjahren des Kindes sollte eine sehr rasche Gewichtszunahme nach Möglichkeit vermieden werden. Stellt der Kinder- und Jugendarzt bei den Vorsorgeuntersuchungen bedenkliche Werte fest, sollte er die Eltern aufmerksam machen und gezielt beraten.

Die CHOP-Studie läuft übrigens weiter: Eine weitere Beobachtung der Kinder ist bis zum Alter von elf Jahren geplant.

Vorbeugen ist besser als heilen

Die Stiftung Kindergesundheit setzt sich durch Forschung und Praxisprojekte für die Vorbeugung von Kinderkrankheiten ein. Gemeinsam mit anerkannten Experten verbessern wir die Chancen aller Kinder, gesund aufzuwachsen und ihre Talente optimal zu entwickeln. Fördern Sie die Stiftung Kindergesundheit mit Ihrer Spende! Quelle: Stiftung Kindergesundheit